Die Nutzung des Internets könnte sich möglicherweise schon bald für immer verändern. Internetnutzer in Großbritannien protestieren gegen den für Websites und Apps neu eingeführten Altersnachweis. Andere Länder arbeiten bereits an ähnlichen Konzepten. Das könnte das Ende des freien Internets bedeuten.
Inhaltsverzeichnis
Banner für Altersverifikation im Vereinigten Königreich
Für Erotikwebseiten, Erwachseneninhalte auf Reddit oder Musik bei Spotify, die nicht jugendfrei ist, hat Großbritannien jetzt ein großes Banner eingeführt. Alle Nutzer aus England, Schottland, Wales und Nordirland müssen zunächst über das Banner ihr Alter bestätigen und dann eine Verifizierungsmöglichkeit auswählen.
Zur Verifizierung können ein Ausweisdokument, die eigene Kreditkarte oder das Online-Banking dienen. Das Alter kann in einigen Fällen auch von einer KI über die Gesichtserkennung geschätzt werden.
Nur diejenigen, die sich für eine dieser Möglichkeiten entscheiden, kommen weiter.
Seit Ende Juli 2025 verpflichtet das Vereinigte Königreich mit dem Onlinesicherheitsgesetz „Online Safety Act“ Onlineplattformen zur Altersverifikation ihrer Nutzer für bestimmte Inhalte. Ein Button mit der Frage „Sind Sie 18?“ genügt nicht. Das Alter der Besucher muss von der Webseite verlässlich verifiziert werden, da die Medienaufsichtsbehörde Ofcom bei Verstößen Geldstrafen bis zu zehn Prozent des weltweiten Umsatzes oder 18 Millionen Pfund verhängen kann. Bei einem dauerhaften Verstoß kann die Webseite in Großbritannien gesperrt werden.

Online Safety Act von der konservativen Regierung verabschiedet
Der Online Safety Act wurde bereits 2023 von der früheren konservativen Regierung verabschiedet. Es ging vorrangig um den Schutz von Kindern und Jugendlichen. Die Briten spüren die tatsächlichen Folgen der neuen Regelung seit dem 25. Juli 2025.
Auf zahlreichen Webseiten tauchen Verifizierungsbanner auf. Sie sind bei Videostreamingdiensten, Gamingportalen, Online-Communities und Pornoseiten zu finden.

Protest der Briten gegen die Altersverifikation
Die Altersverifikation sorgt in Großbritannien für Protest. Eine Online-Petition gegen die neuen Regeln wurde bereits von ungefähr 500.000 Internetnutzern unterzeichnet. Die Initiatoren begründen ihre Vorgehensweise damit, dass das Online-Sicherheitsgesetz deutlich breiter und restriktiver ist, als das eine freie Gesellschaft erfordert.
Das Online-Sicherheitsgesetz deckt unter anderem auch Online-Hobbyforen ab, bei denen für die Umsetzung des Gesetzes kaum Ressourcen vorhanden sind. Die Initiatoren appellieren an die Regierung, dass sie das Gesetz überdenken soll.
Die Regierung soll nicht riskieren, dass die Zivilgesellschaft darin eingeschränkt wird, sich über ihre Hobbys auszutauschen.
Die Briten versuchen, das Gesetz zu umgehen. Sie wandeln Apps im Appstore von Apple für das Vereinigte Königreich in VPN-Apps um. Mit einem VPN kann der eigene Standort verschleiert werden. Der Nutzer kann über ein anderes Land Zugang erhalten, auch wenn er sich im Vereinigten Königreich befindet. Die Altersverifikation lässt sich damit umgehen.
Die britische Regierung hat bereits auf die Petition geantwortet und klar ausgedrückt, dass sie von dem Gesetz nicht abrückt. Sie beschwichtigt die Nutzer und erklärt, dass das Kernprinzip des Gesetzes in der Verhältnismäßigkeit besteht. Die Aufsichtsbehörde Ofcom ist zu entsprechendem Handeln verpflichtet.
Altersverifikationen auch in anderen Ländern geplant
Neben Großbritannien planen auch weitere Länder die Einführung einer Altersverifikation für das Internet und die dazugehörigen Gesetze:
- In Australien sollen Minderjährige erst ab 16 Jahren zu Social Media Zugang haben. Eine Prüfung des Alters soll auch für Suchmaschinen wie Google erfolgen.
- In bislang 19 US-Bundesstaaten wurden in den letzten Jahren Gesetze für eine Altersverifikation erlassen, darunter zu Webseiten mit Erotikinhalten und zu Social Media. Mit dem Kids Online Safety Act hat der US-Kongress 2024 noch unter Joe Biden ähnliche Maßnahmen vorgesehen.
- Kanada plant zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor schädlichen Inhalten im Internet den Online-Harms-Act. Das Gesetz zur Altersverifikation ist bislang noch nicht verabschiedet.
- Im Juni 2025 hat die EU eine App zur Altersverifikation eingeführt, die Vorläufer der künftigen EUid-Brieftasche für die digitale Verifizierung sein soll. Mit dem Digital Services Act (DSA) schreibt die EU keine explizite Altersverifikation vor. Ob es in der EU eine entsprechende Lösung geben wird, ist aktuell nicht sicher.
- Frankreich hat im Frühjahr 2025 strenge Regeln zur Altersverifikation auf Pornoplattformen verabschiedet. Daraufhin haben mehrere Erotikwebseiten ihre Dienste eingestellt.
- Spanien hat zur Altersverifikation von Nutzern von Webseiten mit sexuellen Inhalten den Porno-Pass eingeführt.
Fragen des Datenschutzes
Die geplanten Maßnahmen zur Altersverifikation im Internet sollen Kinder und Jugendliche schützen, doch werfen sie Fragen beim Datenschutz auf. Bislang konnten Nutzer in politischen Foren, auf Social Media und auf Webseiten weitgehend anonym bleiben. Künftig könnte das Schauen von Inhalten oder eine Meinungsäußerung immer mit der eigenen Identität verknüpft sein.
Für die Verifikation werden hochsensible Daten wie Ausweisdokumente, Kreditkarten oder biometrische Daten herangezogen. Sie könnten für einen Identitätsdiebstahl genutzt werden, wenn sie in die Hände von Kriminellen gelangen. Auch Strafverfolgungsbehörden sind an einem besseren Zugriff auf persönliche Daten interessiert.
Bundesinnenminister Alexander Dobrindt denkt an den bundesweiten Einsatz der US-Analysesoftware Palantir, die umstritten ist. Ein geplantes Sicherheitspaket erhält weitgehende Biometrie-Befugnisse. Die Bundespolizei und das BKA können die Gesichter von Menschen mit den öffentlich zugänglichen biometrischen Daten aus dem Internet abgleichen.














