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Wirtschaft

Unterbezahlte Berufe: Frauenjobs sind eindeutig im Nachteil

Unterbezahlte Berufe: Frauenjobs sind eindeutig im NachteilUnterbezahlte Berufe: Frauenjobs sind eindeutig im Nachteil - Foto: © ink drop #191522890 – stock.adobe.com

Männer arbeiten als Ingenieure, Frauen im Einzelhandel. Während Männer am Gymnasium unterrichten, verdienen Frauen ihr Geld als Grundschullehrerinnen. Realität oder Klischee?
In diesen Behauptungen steckt ein großer Funke Wahrheit. Doch natürlich gibt es Berufe, in denen Frauen- oder Männerquote besonders hoch ist.

Geringere Löhne für Frauenberufe

In den meisten Berufen gilt: Wo überwiegend Frauen arbeiten, ist der Lohn im Durchschnitt geringer.

Häufig arbeiten Frauen auch unter schwierigen Beschäftigungsverhältnissen, beispielsweise in der Hotellerie oder Gastronomie.

Doch weshalb entscheiden sich Frauen dennoch für Jobs unter diesen Bedingungen? Oder sieht die Realität vielleicht ganz anders aus? Werden Frauenberufe möglicherweise so schlecht bezahlt, weil diese eben von Frauen erledigt werden?

Geringere Löhne für Frauenberufe
Geringere Löhne für Frauenberufe – Foto: © sebra #196375014 – stock.adobe.com

Entscheiden Stereotype über Lernerfolge?

Vorbilder und Sozialisation spielen eine ausschlaggebende Rolle. Vom Elternhaus über die Kindergarten- und Schulzeit bis hin zur Ausbildung oder dem Studium: Werden Stereotype einmal bedient, ist es schwierig, sich wiederum davon zu distanzieren. Dadurch manifestieren sich die Strukturen auch in der Berufswelt.

Eine 2020 in der Fachzeitschrift „Child Development“ veröffentlichte Studie von Hamburger Forschern besagt, dass diese Stereotype schon den Kompetenzglauben von Kindern beeinflussen. Demzufolge schätzen die Jungen ihre Lesekompetenz als eher gering ein, die fest daran glauben, dass die meisten Mädchen besser lesen können. Diese Wirkungsweise ändert sich je nach Stereotyp.

Mathematik als männliche Domäne

In früheren Studien über Geschlechterstereotype wurden mathematische Kenntnisse thematisiert, die überwiegend als männliche Domäne betrachtet wurden.

Laut mehreren Studien wirkt sich dieser Stereotyp negativ auf das Selbstkonzept von Mädchen aus.

Indem Mädchen ihre Expertise im Fach Mathematik herabstuften, wurde ihre Leistung in dem Schulfach automatisch als negativ eingeschätzt.

Mathematikerin
In früheren Studien über Geschlechterstereotype wurden mathematische Kenntnisse thematisiert, die überwiegend als männliche Domäne betrachtet wurden – Foto: © Monkey Business #417407558 – stock.adobe.com

Unterschiedliche Interessen für bestimmte Berufsfelder

Doch auch wenn sich tatsächliche Leistungen von Jungen und Mädchen gleichen, variieren Interessen für bestimmte Berufsfelder deutlich. Darauf verweist eine Untersuchung der Organisation für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit, für welche Informationen von Pisa-Schulleistungsstudien in mehreren Ländern von 2000 bis 2018 analysiert wurden.
Dementsprechend interessierten sich Jungen mit gutem Kenntnisstand in Mathematik oder Naturwissenschaften eher für Jobs aus diesem Bereich als Mädchen mit vergleichbaren Kompetenzen. Diese Mädchen präferierten hingegen Berufe aus dem Gesundheitswesen.

Jobs in der Kinderbetreuung sind vielen Männern unangenehm

Resultate einer repräsentativen Jugendbefragung des Sinus-Instituts aus dem Jahr 2020 ergaben, dass junge Frauen in einer Entscheidung für Berufe in der Pflege oder Kindertagesbetreuung stärker unterstützt werden würden als Männer.

Zu diesem Thema betonte jeder vierte Mann, dass es diesen schlichtweg unangenehm wäre, wenn Freunde über ihren Berufswunsch in der Pflege oder Kinderbetreuung Bescheid wüssten.

Bei Frauen war dieser Anteil wesentlich geringer. Die Kombination aus sozialem Umfeld, Erziehung und Medienkonsum verstärkt diese Rollenbilder. Denn auch in Filmen oder Serien schlüpfen Frauen vermehrt in stereotype Rollen. Ein Beispiel sind selbstbestimmte YouTube-Kanäle, auf denen sich Frauen vermehrt mit Thematiken wie Backen, Kochen, Deko oder Schönheit beschäftigen.

Rollenbilder aufbrechen: Mittel und Wege

Es bedarf schon einiger Initiative, um sich von diesen Rollenbildern zu lösen. Ein Beispiel ist die von der Bundesregierung ins Leben gerufene Initiative „Klischeefrei“, mit deren Hilfe Kindern und Jugendlichen klischeefreies Handeln und Denken vorgelebt werden soll.
Das Bündnis verschiedener Organisationen aus Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und Bildung berät beispielsweise Eltern oder Fachkräfte von Schulen zu der Frage, wie Jugendliche eine ihren Fähigkeiten und Interessen angepasste berufliche Zukunft wählen können.

Rollenbilder lösen
Es bedarf schon einiger Initiative, um sich von diesen Rollenbildern zu lösen – Foto: © Pixel-Shot #306596667 – stock.adobe.com

Lehrer und Lehrerinnen nehmen eine Schlüsselrolle ein

Doch für welche berufliche Laufbahn sich Kinder und Jugendliche auch immer entscheiden: Junge Menschen sollten durch ihre Mitmenschen stets dabei unterstützt werden, den eigenen Lebens- und Berufsweg selbstbestimmt zu wählen.

Einen Beitrag leisten jährliche Zukunftstage wie der „Girls‘ Day“ oder „Boys‘ Day“, die Mädchen und Jungen interessante Einblicke in unterschiedliche Berufe versprechen.

Eine zentrale Rolle wird Lehrern und Lehrerinnen zuteil, die zumeist eine große Tragweite für ihre Schüler haben. Können Lehrer den Unterricht motivationsfördernd gestalten, lassen sich geschlechtsspezifische Unterschiede minimieren. Seit 2016 bestehen hierzulande Leitlinien, die als Grundlage für eine geschlechterspezifische Bildung dienen.
Neben fehlenden Stereotypen in Schulbüchern erlernen Lehrkräfte deshalb in ihrer Ausbildung, persönliche Stärken aller Kinder zu berücksichtigen und dadurch geschlechtsneutral zu agieren.

Jungen und Mädchen nicht durch Vorurteile bewerten

Zu guter Letzt sind Eltern gefordert, Vorurteilen so gut wie möglich zu begegnen. Ihre Aufgabe ist es, Klischees auszugleichen und Jungen beispielsweise nicht grundsätzlich als stark oder Mädchen als schwaches Geschlecht zu betrachten.

Der Umgang mit Menschen oder auch Filme tragen automatisch zu Rollendenken bei, das einen „echten Jungen“ oder ein „richtiges Mädchen“ auszeichnet. Außerdem ist die Spielwarenindustrie gefordert, soziale Verantwortung zu übernehmen und keine klischeehaften Zuschreibungen beider Geschlechter zu forcieren.

Ist ein Wandel in Sicht?

Aktuelle Trends gehen in die richtige Richtung. Aktuellen Analysen des Deutschen Industrie- und Handelskammertags zufolge interessieren sich immer mehr Mädchen für Ausbildungsberufe, in denen traditionell eher Jungen tätig sind und die zumeist auch besser bezahlt werden. Ein Beispiel ist der Beruf des Fachinformatikers, der in der Beliebtheitsliste von Mädchen von 2016 auf 2018 von Rang 41 auf die 33. Position geklettert ist.

Zudem hat der Job des Kraftfahrzeugmechatronikers bei jungen Frauen deutlich an Boden gut gemacht.

Im Gegenzug ist ein ähnlicher Trend erkennbar. Immer mehr Jungen entscheiden sich für Berufe wie zahnmedizinischer Fachangestellter oder Friseur. Ein großes Problem besteht darin, dass viele Jugendliche nur wenige Ausbildungsberufe kennen. Dadurch ist deren Berufswahl deutlich eingeschränkt.

Kraftfahrzeugmechatronikerin
Zudem hat der Job des Kraftfahrzeugmechatronikers bei jungen Frauen deutlich an Boden gut gemacht – Foto: © Dan Race #114049126 – stock.adobe.com

Der Siegeszug sogenannter MINT-Fächer

Gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben alle angehenden Azubis und Studenten, die sich für eines der sogenannten MINT-Fächer entscheiden.
Die Abkürzung „MINT“ steht für die Fächer Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik.

Gute Gründe für eine gute Bezahlung

Es gibt durchaus überzeugende Argumente dafür, weshalb Mediziner beispielsweise mehr Geld verdienen als Friseure. Die Ausbildung von Ärzten dauert länger an. Mediziner retten Leben und zudem stellt ein hohes Gehalt sicher, dass auch nachfolgende Generationen den Beruf erlernen möchten. Andere Jobs zeichnen sich ebenfalls durch hohe Gehälter aus, weil viel Kapital im Umlauf ist und dadurch hohe Margen möglich sind.

Deshalb erzielen Vertreter der Pharmaindustrie oder des Maschinenbaus vergleichsweise hohe Gehälter.

Dennoch stellt sich die Frage, in welchen Dimensionen die Gehaltsunterschiede vertretbar sind. Erschwerend kommt hinzu, dass die Gehälter in Berufen mit hohem Frauenanteil in aller Regel geringer als in männlich dominierten Berufen sind. Diese These belegt unter anderem der 2017 veröffentlichte „Comparable Worth Index“.

Verantwortung für Menschen wird nicht belohnt

Zur Erstellung dieser These wurden ungefähr 150 Berufe anhand Anforderungen wie Wissen oder psychosozialen Kompetenzen analysiert. Diese Arbeitsbewertung wirkt sich nach Aussagen von Ute Klammer als Direktorin des Instituts für Arbeit und Qualifikation der Universität Duisburg-Essen massiv auf die Gender-Gay-Gap aus.
Der Untersuchung entsprechend verdienen Führungskräfte im männlich dominierten Berufsfeld von IT-Services durchschnittlich 17 Euro mehr als weibliche Fachkräfte im weiblich dominierten Pflege- und Gesundheitsbereich. Daraus lässt sich schließen, dass Fürsorge für Menschen weniger als die Verantwortung für große Maschinen anerkannt ist.

Wie erhalten systemrelevante Berufe eine bessere Bezahlung?

Nicht alle Berufe sind für die Gesellschaft in gleicher Weise wertvoll. Deshalb müssen Politiker Prioritäten setzen. Problematisch ist die beispielsweise die Bezahlung des Grundschullehramts.

Da Grundschullehrer eine ähnliche Verantwortung wie Gymnasiallehrer tragen, müsste das Gehalt bei beiden Berufsgruppen auch ähnlich sein.

Erste Schritte in diese Richtung setzte das Land Berlin bereits um. Genügt der politische Wille nicht, ist es von Branche zu Branche sinnvoll, sich an die Gewerkschaft zu wenden und einen Tarifvertrag zu vereinbaren.